Wildnis in der Großstadt fotografieren - Teil 3
Das Arrangement zwischen Stadtlandschaft und Tieren als Stilmittel
- Wie beziehe ich die Stadt mit ein
- Bebauung in Szene setzen/ Verkehr als Stilmittel nutzen
In meinem letzten Blogbeitrag habe ich über die praktische Umsetzung der Tierfotografie in der Stadt geschrieben. Wie tarnt man sich, was gilt es zu beachten und wie kommt man den Tieren am besten nahe?
Mitten in der Stadt hat man oft das Problem, dass es Elemente wie Bebauung oder Autos im Hintergrund gibt, die sich nicht ausblenden lassen. Warum also nicht den Kontrast als Stilmittel nutzen, um die Betrachter Eurer Fotos ins Staunen zu versetzen?
Egal wie man es dreht und wendet - oder besser gesagt – egal wo man sich versteckt und auf den Auslöser drückt, immer sind im Hintergrund Menschen, Autos, Industrie oder Häuser zu sehen.
Anfangs hat mich das sehr gestört. Mit geringer Tiefenschärfe habe ich versucht, den Hintergrund aufzulösen. Häuserfassaden, Zäune und unnatürliche Lichter passen einfach nicht zur natürlichen Umgebung der Tiere, die ich fotografiere, sind aber überall vorhanden.
Auf jedem Foto sah man unnatürliche rote, blaue und gelbe Flecken. Mal waren es Autos, mal Häuserfassaden, mal Werbeflächen. Das urbane Umfeld der Tiere war auf fast jedem Bild zu sehen. Anfangs hat mir das überhaupt nicht gefallen.
Mir blieb nichts anderes übrig, als die Umgebung mit ins Bild zu integrieren. Die Reaktionen derer, die meine Bilder zu sehen bekamen, waren von erstaunt über interessiert bis begeistert. Von da an habe ich begonnen, möglichst viel Stadt in meinen Bildern mit abzubilden. Nicht zu einnehmend, aber klar erkennbar.
Die Gegebenheiten lassen sich bei der Naturfotografie in der Stadt nur bedingt ändern. Die Suche nach einer Perspektive, in der alles Überflüssige unsichtbar wird, ist oft nervenaufreibend und zeitraubend.
Wählt Euch Orte, die jedem bekannt sind, oder Situationen, die jeder kennt, und schafft im Bild trotzdem Platz für Tiere oder Natur, die ihr abbilden wollt. Der „Ohhh-Effekt“ des Betrachters ist fantastisch. Er erkennt den Ort, an dem das Foto entstanden ist und wundert sich noch viel mehr über das abgebildete Stadttier.
Sei es der Löwenzahn, der sich seinen Platz zwischen Asphalt und Bordsteinkante erobern konnte oder die Meise, die ihren Nachwuchs im Pfeiler einer Ampel großzieht, diese unnatürlichen Szenen lassen den Betrachter schmunzeln, sich wundern und staunen.
Nehmt es als gegeben hin, dass die Tiere nicht in ihrem natürlichen Umfeld sind, sondern eben mitten in der Stadt. Macht mit Euren Aufnahmen deutlich, dass es neben uns Menschen noch andere Bewohner in den Städten gibt, die ebenso ein Anrecht auf die Stadt haben und die Natur in der Stadt bereichern.
Häufig reicht ein Perspektivenwechsel, um die Tiere vor menschlicher Kulisse abzulichten.
Warum nicht mal ins Wasser steigen, um die Menschen zu fotografieren, die Wasservögel füttern, samt Enten im Vordergrund.
Bepflanzte Grünstreifen eignen sich in der Nacht wunderbar als Fotomotiv. Im Schein der Straßenlaternen bekommen die Blüten ein ganz besonderes Aussehen und die langgezogenen Lichter der vorbeifahrenden Autos machen die Aufnahme zu etwas Surrealem.
Kein Mensch rechnet damit ,dass der Fuchs über die Wiese hüpft, während im Hintergrund die Straßenbahn fährt, der Halsbandsittich aus einem Loch in der Häuserfassade schaut oder schöne Seenlandschaften im Vordergrund von Industriegebieten liegen.
Eine knallgrüne Werbefläche kann ein grandioser Hintergrund für ein kleines Insekt sein, das sich irgendwo im Busch auf einem Ast bewegt. Fensterfronten eignen sich, um einen monotonen Hintergrund für fliegende Vögel zu schaffen und selbst „zugemüllte“ Flächen können einen farbenfrohen Hintergrund abgeben.
Der praktischen Umsetzung sind hierbei wohl keine Grenzen gesetzt, Stadttiere nutzen oft die unmöglichsten Orte in der Stadt, um ihre Nester anzulegen und ihr Revier abzustecken.
Schlussendlich geht es mir, wie wohl den meisten Naturfotografen aber darum, die Freude und Zufriedenheit, die ich in der Natur während der Fotografie erlebe, vollends auszukosten. Und auch wenn ich ohne „gescheites Foto“ nach Hause komme, war ein Tag in der Stadt-Natur sicher nicht umsonst!
Dabei spielt es keine Rolle ob ich Tauben oder Turmfalken, Drosseln oder Dachse fotografieren will, vielmehr zählt für mich der Aufenthalt in der Natur!
Ganz gleich, welches Equipment Euch zur Verfügung steht, um die Stadt-Natur in Bilder festzuhalten, bedarf es eigentlich nur Geduld, Kreativität und Perspektivenwechsel!
Viel Freude beim Entdecken Eurer grünen Städte!
Herzlichst,
Euer, Sven Meurs
Für Technik-Interessierte, hier einige Daten zu meiner Ausrüstung:
Kameras:
Nikon D600
Nikon D7200
Objektive:
Nikon 70-200mm F2.8
Nikon 24-70mm F2.8
Nikon 500mm F4.0
Tokina 11-16mm F2.8
Tokina 100mm F2.8 (Makro)
Manfrotto Stativ
Alle hier gezeigten Fotos und Texte unterliegen dem Urheberrecht des Autors.
Teil 1 und 2 der Serie von Sven Meurs könnt Ihr hier nochmal nachlesen:
Teil 1 Wo verstecken sich die tierischen Stadtbewohner?
Teil 2 Stadttiere im Sucher
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