Praxis des Lightpaintings- Die Kameraeinstellungen
Nachdem wir in den vorhergehenden Blogs zum Thema Lightpainting die Wahl einer Location, die Grundausstattung und besondere Lichtelemente beschrieben haben, kommen wir heute zum entscheidenden Punkt, der Praxis und damit zu den Einstellungen der Kamera.
Mittlerweile kennen wir ja unsere ausgesuchte Location und haben uns dort bereits im Vorfeld umgesehen und dann eine Bildidee entworfen, die wir dort umsetzen möchten.
Weil wir dies getan haben, können wir nun in aller Ruhe schon vorab entscheiden, welche Taschenlampen, Leuchtmittel und Lichtwerkzeuge wir benötigen.
Somit reduziert sich unser Lightpainting-Equipment, welches wir mit auf die Location bringen müssen, ganz erheblich. Denn alles, was überflüssig ist, kann getrost daheim bleiben und muss nicht unnütz durch die Gegend geschleppt werden - bei einem Gesamtequipment von mehr als 40 Kilo immer eine enorme Erleichterung.
Beim Zusammenstellen des benötigten Kameraequipments gilt übrigens genau das gleiche Prinzip.
Grundausstattung
Zur Grundausstattung gehört natürlich immer der Kamerabody und ausreichend Ersatzakkus, denn hiervon hat man nie genug dabei während einer längeren Session vor Ort.
Weiterhin natürlich der kabelgebundene Fernauslöser. Diesen bevorzugen wir gegenüber einem Funkauslöser aus dem einfachen Grund, weil die manuelle Technik doch deutlich robuster und zuverlässiger ist.
Funkauslöser benötigen zudem zusätzliche Batterien und aus eigener Erfahrung wissen wir zu berichten, dass diese meistens genau dann den Dienst quittieren oder aber durch Frequenzstörungen nicht richtig auslösen, wenn es darauf ankommt.
Der gute, günstige und einfache Kabelfernauslöser hat uns bislang noch nie im Stich gelassen.
Auch müssen wir nicht alle vorhandenen Objektive zum Set mitnehmen. Wir haben ja vorab bereits eine grobe Vorauswahl hinsichtlich der zu entstehenden Lichtelemente, die wir auf der Location zaubern wollen, getroffen und wissen anhand der Vorbesichtigung und Skizze, welcher Bild- und Motivausschnitt uns erwartet.
So können wir das passende Objektiv auswählen. Alle weiteren Objektive können daheim bleiben. Wir nutzen meist unsere Objektive mit den „normalen“ Brennweitenbereichen von 12/18 bis 50/55 mm und ggfs. eines unserer lichtstärkeren 45 mm Objektive mit Festbrennweite.
Allerdings haben wir in der Regel meist noch eine zweite Kamera mit Objektiv. Diese fungiert zum einen als Reserve, falls die Hauptkamera aus irgendeinem Grund einmal ausfallen sollte und wird zum anderen eingesetzt, um einige „Outtakes“ vom Set und uns während der Lightpainting-Session zu machen.
Neben diesen Dingen ist dann natürlich noch die entsprechende Abdeckung für das Objektiv wichtig, mit der zwischen den einzelnen Lichtelementen die Linse verdeckt wird, ohne die Belichtung beenden zu müssen.
Hierfür nutzen wir in der Regel entweder eine schwarze, nicht fusselnde Wollmütze oder eine auf den Objektivdurchmesser und die Objektivlänge zugeschnittene Versandrolle aus stabiler Pappe, welche mit einem schwarz bemalten oder beklebtem Deckel versehen ist. Diese beiden Abdeckungsvarianten haben den Vorteil, dass sie leicht und günstig zu erwerben und mit wenig Aufwand selbst herzustellen sind. Außerdem halten diese beiden Varianten sehr gut und sicher auf den Objektiven ohne schon bei leichtem Wind herunterzufallen.
Zu guter Letzt komplettiert ein stabiles und robustes Dreibeinstativ die Kameraausstattung. Gerade beim Stativ sollte man natürlich auf eine entsprechende hochwertige Qualität achten. Beim Einsatz der Kamera auf dem Stativ versteht es sich natürlich von selbst, dass Bildstabilisatoren an der Kamera oder dem Objektiv ausgeschaltet werden.
Vorbereitungen noch bei Tageslicht
Nun sind also die Taschen mit dem Lightpainting- und dem Kameraequipment gepackt und wir sind rechtzeitig vor Einbruch der Dunkelheit bei unserer gewählten Location angekommen.
Wir schlagen extra vor Einsetzen der Dämmerung vor Ort auf, damit wir dort noch bei restlichem Tageslicht in aller Ruhe unsere Ausrüstung und Lichtwerkzeuge aufbauen und einstellen können.
Auch lässt sich so der Bildausschnitt für die geplante Aufnahme in aller Ruhe einstellen und muss nicht mühsam mit der LED-Leuchte ausgeleuchtet werden. Gleichfalls können wir alle unsere Markierungen für die unterschiedlichen Lichtelemente, die wir vor Ort erstellen möchten anbringen und schon einen „Probelauf“ mit den Tools für die optimale Schrittabfolge durchführen, ehe es ernst wird.
Die wichtige Einstellung des richtigen Fokus, der manuell nur einmal eingestellt und dann nicht mehr verändert wird, lässt sich ebenfalls bei restlichem Tageslicht einfacher erledigen als bei Dunkelheit.
Ist es bereits zu dunkel, muss man mit Hilfe einer LED-Leuchte für entsprechendes Licht sorgen.
Da wir ja in der Regel mit unseren Lichtelementen im freien Feld und der Landschaft arbeiten und nicht immer einen fixen Bezugspunkt haben positionieren wir an einer zentralen Stelle im Bildausschnitt eine Person, die als Fixpunkt für die Fokusbestimmung dient.
Kameraeinstellungen
Wir stellen nun unsere Kamera auf den Bulb-Modus und den Fokus manuell auf die positionierte Person scharf. Haben wir dies vorher per Autofokus vorgenommen stellen wir nun den Autofokus aus und kontrollieren noch einmal die exakte Bildschärfe durch eine kurze Probeaufnahme. Gegebenenfalls korrigieren wir bis zur richtigen und exakten Schärfe und haben dann die grundlegenden Einstellungen erledigt.
Nun ist die ISO-Empfindlichkeit auf die möglichst geringste Einstellung, welche die Kamera zulässt, einzustellen, um Bildrauschen soweit als möglich zu reduzieren.
Je nach Kamera und Objektiv muss man außerdem entscheiden, ob man die kamerainterne Rauschreduzierung, also das sogenannten Darkframe oder Dunkelbild, nutzt oder nicht.
Dazu wird nach der eigentlichen Belichtung eine zweite Aufnahme mit geschlossenem Verschlussvorhang gemacht, das Dunkelbild, das dann kameraintern mit der ersten Belichtung verrechnet wird. Hierdurch reduziert sich das Farbrauschen in den schwarzen Bildanteilen, allerdings ist die Verarbeitungs- und Rechenzeit der Kamera nach Beenden der Aufnahme noch einmal genau so lang wie die Aufnahme selbst.
Gerade bei mehrere Minuten langen Belichtungszeiten im Lightpainting ist dies also ein nicht zu unterschätzender Zeitfaktor. Wir verzichten weitestgehend auf dieses Darkframe und gewinnen so mehr Zeit für das Lightpainting.
Die Entscheidung, mit welcher Blendeneinstellung wir unser Lightpainting fotografieren, richtet sich ein wenig nach der Location. Haben wir mitten im finsteren Wald oder Feld nur sehr wenig Streulicht durch Straßenbeleuchtung oder andere Lichtquellen und einen sehr dunklen Himmel, der keine Lichtverschmutzung reflektiert, können wir durchaus mit Blenden im Bereich von f/5,6 bis f/8 arbeiten.
Wir müssen uns aber darüber im klaren sein, dass bei einer Blende von f/8 oder offener in relativ kurzer Zeit sehr viel Licht auf den Sensor fällt und dies bei der Arbeit mit den Lichtwerkzeugen berücksichtigen - also hier schnell arbeiten oder nur Lichtelemente erstellen, die zügig zu malen sind.
Hat man dagegen störendes Streulicht durch z.B. Straßenlaternen oder einen reflektierenden Wolkenhimmel, ist es sinnvoller, die Blende auf einen Wert zwischen f/8 und f/16 zu schließen.
Es fällt weniger Licht durch die Blendenöffnung und unsere Belchtungszeit kann entsprechend verlängert werden. So lassen sich komplizierter aufgebaute Lichtfiguren mit längeren Belichtungszeiten erstellen, ohne dass diese ausfressen und überblenden. Je öfter man sich mit dem Lightpainting beschäftigt, desto schneller und sicherer wird man darin, Location, geplante Lichtfiguren und optimal passende Blendeneinstellungen auszuwählen.
Zu den Belichtungszeiten beim Lightpainting lassen sich keine grundsätzlichen Angaben machen, denn diese sind immer davon abhängig, an welcher Location man arbeitet (helle städtische Umgebung, dunkler Wald/Natur/Landschaft) und wie umfangreich und hell die zu malenden Lichtobjekte werden sollen.
Auch die Überlegung, vor der eigentlichen Lightpainting-Aufnahme eine Grundbelichtungszeit des gewählten Bildmotivs durch eine Probeaufnahme festzulegen, hilft hier nicht wirklich weiter, da wir dann ein zeitliches Limit für die Erstellung unserer Lichtfiguren haben.
Wir gehen deshalb immer nach dem Schema vor, dass wir unseren Bildausschnitt wählen, die passende Blende einstellen und im Bulb-Modus die Kamera auslösen. Nun erstellen wir zuerst in der notwendigen Ruhe und Präzision unsere geplanten Lichtelemente.
Sind diese zu unserer Zufriedenheit ausgefallen, können wir dank der Nutzung der Live-Composite-Funktion unserer Olympus OM-D schon während der laufenden Aufnahme erkennen, wie weit die umgebende Landschaft oder Architektur durch das vorhandene Licht und unsere Lichttools ausgeleuchtet wurden.
Sollte dies noch nicht ausreichend sein, nutzen wir für die weitere Ausleuchtung der Architektur und/oder Landschaft unsere diversen LED-Leuchten oder lassen einfach die Kamera noch ohne Einsatz von weiten Lichteffekten noch länger belichten, bis der gewünschte Endzustand der Aufnahme erreicht ist. Bei Kameras ohne Live-Composite-Funktion muss man sich durch Ausprobieren an die richtige Belichtung herantasten.
Wichtige Kommandos und optimales Vorgehen beim Erstellen der Lightpainting Aufnahmen
Da wir immer zu zweit im Team arbeiten, haben wir stets eine Person, welche die Kamera bedient und das Objektiv abdeckt und eine zweite Person, welche die Lichtwerkzeuge bedient und die Lichtfiguren erstellt.
Durch das Abdecken des Objektivs können alle unerwünschten Lichtspuren zwischen dem Malen mit Licht ausgeblendet werden..
Die Person, welche die Lichtwerkzeuge bedient, gibt die Kommandos zum Öffnen und Abdecken des Objektivs und zum Beenden der Aufnahme. Bei den Kommandos hat es sich bewährt, stets die gleichen Worte wie z.B. „Aufnahme“, „Start“, „Pause“ und „Stopp“ zu geben. So wissen beide Personen die Befehle einwandfrei zu deuten und Missverständnisse und damit Fehlversuche werden minimiert.
Auch wenn die Person, welche an den Lichtwerkzeugen arbeitet, eigentlich den Großteil der Kommandos gibt, entfällt auf die Person hinter der Kamera die verantwortungsvolle Aufgabe, dem mit Licht Malenden Hilfestellung bei seiner Choreografie zu geben.
Denn wenn man mit den Lichtelementen arbeitet, konzentriert man sich immer auf die gerade aktuell wichtige Markierung und die richtige Bewegungsabfolge für die einzelne Lichtfigur die man zeichnet, kann aber innerhalb einer komplexen Lightpainting-Szenerie nicht realisieren, ob die bisherige Komposition und Choreografie im Gesamtablauf stimmig ist.
Es kommt also auch hier auf ein gutes Teamwork und eine saubere und klare Kommunikation untereinander an.
Auch dies ist einer der Gründe, warum unserer Erfahrung nach das Lightpainting meist in relativ kleinen Gruppen von nur zwei bis maximal 6 Personen vernünftig und zufriedenstellend funktioniert.
Sicherlich mag es auch in größeren Gruppen klappen und durchführbar sein, jedoch muss man bei so vielen beteiligten Personen daran denken, dass meist jeder davon eine eigene Kamera dabei hat und auch selbst Aufnahmen von den Lightpaintings machen möchte. So viele Kameras gleichzeitig und vernünftig zu bedienen und so zu positionieren, dass alle eine gute Ausrichtung zum Bildausschnitt haben und saubere Lichtfiguren einfangen, wird mit mehr Personen immer schwieriger.
Also, geht raus und versucht Euch selbst einmal im Lightpainting. Viel Spaß dabei wünschen Euch
Kamilla Lauter & Jens Ackermann
Teil 1 zum Thema Locations für Lightpainting könnt Ihr hier nachlesen: https://www.fototv.de/blog/locations-fur-lightpainting
Teil 2: Lichtquellen für Lightpainting https://www.fototv.de/blog/lichtquellen-fur-lightpainting
Teil 3. Grundformen und Werkzeuge für Lightpainting: https://www.fototv.de/blog/grundformen-und-werkzeuge-fur-lightpainting-aufnahmen
Alle hier gezeigten Texte und Bilder unterliegen dem Urheberrecht des Autors.
Wenn Ihr Euch für Lighpainting interessiert, schaut Euch doch auch unseren 17-teiligen Intensivkurs Lightpainting mit Lumenman Bernhard Rauscher an: