Winterlandschaften fotografieren
Der Winter ist da und malerische Winterlandschaften warten darauf, fotografiert zu werden. Auch wenn Minusgrade herrschen - es lohnt sich, hinauszugehen und sich auf die Suche nach winterlichen Fotomotiven zu begeben. Besonders, wenn es ein trockener und klarer Tag mit blauem Himmel und tief stehender Wintersonne ist oder wenn der Nebel gegen die Sonne kämpft. Doch worauf solltet Ihr achten, wenn Ihr Euch mit der Kamera auf den winterlichen Fotoausflug begebt? Tobias Raphael Ackermann gibt Euch hier einige Tipps und Anregungen.
Vorbereitung
Nicht nur Füße und Finger, sondern auch die Akkus und Batterien warm halten.
Klingt so banal, aber die Kälte wird immer unterschätzt. Kalte Finger und Füße dämpfen die Motivation bei der Motivsuche und lähmt die Kreativität beim Fotografieren.
Also schön warm anziehen. Besonders bei der Landschaftsfotografie, bei der man oft auf Anhöhen steht und der Wind einem um die Ohren pfeift. Es gibt verschiedene Handschuh-Variationen für Outdoor Fotografen, sogar schon solche, mit denen sich Touchpanels bedienen lassen. Zur Not tun es auch ein paar fingerlose Handschuhe (Radlerhandschuhe) oder Langlaufhandschuhe. Ganz wichtig - besonders für unsere weiblichen Fotografen - sind dicke Socken, um die Füße warm zu halten und eine Mütze, damit Kopf und Ohren schön warm bleiben.
Eine heiße Tasse Tee oder Kaffee kann sich bei den ersten unangenehmen “KälteErscheinungen” sehr motivationsteigernd auswirken.
Nicht nur der Körper ist dankbar, wenn man ihn vor der Kälte schützt - auch Akkus und Batterien sind kälteempfindlich. Bei Kälte verlieren diese schneller ihre gespeicherte Leistung. Um die optimale Leistung zu erhalten, ladet die Akkus und Batterien und Ersatzakkus! voll auf und verstaut diese am besten am Körper (Jacken- oder Hosentasche). Damit sind sie besser vor der Kälte geschützt als im Rucksack.
Planung der Aufnahmestandorte
Gut zu Fuß zu sein, macht es leichter, einen guten Aufnahmenstandort zu finden, welcher nicht schon dutzendmale verwendet wurde. Ihr könnt die Gegend bereits vorher z.B. mit Google Earth auskundschaften. Das hilft bei der Vorauswahl von interessanten Aufnahmestandorten. Auch könnt Ihr hier die Lichtsituation - speziell bei Sonnenauf- und -untergang - schonmal simuliert betrachten. Eine solche Vorplanung erhöht die Wahrscheinlichkeit, gute Aufnahmeorte zu finden und verkürzt den Aufenthalt in frostiger Natur. Immer wieder gut sind Hügel und Berge, also Aussichtsstandorte, um sich einen Überblick zu verschaffen. Meistens sind diese auch schon die geeignetsten Aufnahmeorte für weitläufige Landschaftsaufnahmen.
Uhrzeit
Der Winter bietet oft schöne Sonnenauf- und untergänge - und das zu erträglichen Zeiten. Es wird später hell und früher dunkel - ein deutlicher Vorteil gegenüber der Sommerzeit ;-)
Allerdings ist so ein Sonnenauf- und untergang im Winter schnell vorbei, es bleiben nur wenige Minuten, um das Foto zu schießen. Es ist hilfreich zu wissen, wann genau der Sonnenauf- oder Sonnenuntergang stattfindet. Diverse Wetter-Seiten im Internet und Apps auf dem Smartphone helfen hier weiter. Bessere Aufnahmen gelingen, wenn man ohne Stress rechtzeitig vor Sonnenauf- oder -untergang die ersten Probeaufnahmen machen kann. So kann man schon vorab verschiedene Perspektiven und Bildkompositionen testen.
Wetterlage
Der große Helfer des Lichts ist das Wetter, erst dieses (Wolken, Schnee, Frost, Nebel, ... ) bringt Lichtdramatik in das Bild. Kenntnisse über das Wetter und dessen Auswirkungen auf die Lichtsituation helfen bei der Planung des Aufnahmenstandorts und der Aufnahmezeiten. Zum Beispiel sind Frost und Nebel am schönsten in den Morgenstunden.
Herrliche Motive entstehen beim Kampf von Nebel gegen die Sonne. Auch aufsteigender Nebel in der Abendsonne bei frostiger Umgebung und klarem blauen Himmel auf einem Berg mit entsprechender Fernsicht garantiert fast schon gelungene Fotos.
Deshalb ist das Wissen, wie sich das Wetter auf das Licht auswirkt, eine entscheidende Voraussetzung, um spannende Lichtsituationen “gezielt” ablichten zu können. Lernt die Muster von Wetter und Jahreszeit kennen. Seid ortskundig, um den interessanten Blickwinkel am Aufnahmestandort schneller zu finden. Das alles könnt Ihr in der Vorbereitungsphase abklären. Als Belohnung gibt es dann herrliche Fotos und Ihr kommt schneller wieder in die warme Stube ;-)
Bildgestaltung in der Winterlandschaft
Mitte oder nicht Mitte, das ist hier die Frage. Ein Foto wirkt schnell statisch und langweilig, wenn das Hauptmotiv mittig fotografiert wird. Eine Drittel-Teilung, welche das Bild sowohl horizontal als auch vertikal in Drittel aufteilt, kann mehr “Spannung” in ein Bild bringen. Das Hauptmotiv sollte hierbei in den Kreuzungspunkten dieser Teilung platziert werden. Damit wirkt das Bild ausgewogen und interessanter. Eine Landschaft als Hauptmotiv könnte wie folgt aufgeteilt werden:
- bei einem interessanten Himmel: 2/3 Himmel und 1/3 Landschaft
- Ist die Landschaft interessanter: 2/3 Landschaft und 1/3 Himmel
Nehmt das aber nur als groben Anhaltspunkt. Und probiert noch andere “Drittel-Teilungsverhältnisse” wie den Goldenen Schnitt. Oder setzt das Hauptmotiv extrem nah an einen Bildrand oder schneidet dieses sogar mal an. Ich will damit sagen, dass der Bildaufbau von der Bildaussage und der Gewichtung der Bildelemente abhängig ist. Auch mittig macht dann wieder Sinn, wenn man mit Spiegelungen arbeitet.
Hat eine Landschaft auch einen Vordergrund?
Ja, denn erst der Vordergrund zaubert Tiefe in die Landschaft. Schneefelder als große leere Flächen im Vordergrund wirken schnell langweilig. Wählt den Aufnahmestandort so aus, dass passend zur Bildaussage Pflanzen, Steine, Felsen, Zäune, Mauern, etc. im Vordergrund zu sehen sind. Zieht den Betrachter über die “Dinge” im Vordergrund in das Bild hinein. Dabei achtet bitte auf eine ausreichende Schärfe, die auch in die Tiefe gehen soll. Das heißt, Ihr arbeitet mit höheren Blendenwerten (also einer stark geschlossenen Blende), um diese Schärfentiefe zu erreichen. Der Fokus sollte im vorderen Drittel liegen.
Auch einem Hintergrund schenkt man seine Aufmerksamkeit
Soll der Hintergrund das Hauptmotiv nur unterstützen oder ist dieser selbst Teil des Motivs? Gehört der Hintergrund zur ”Bildaussage”? Wenn Ihr diese Fragen beantworten könnt, wisst Ihr auch, wie mit dem Hintergrund zu verfahren ist. Wollt Ihr nur Details darstellen, darf der Hintergrund nicht ablenken. Also lasst diesen unscharf werden. Gibt es keine Unterscheidung in Kontrast und Farbe zwischen Hintergrund und Motiv, verliert das Motiv an Wirkung. Auch hier könnt Ihr den Hintergrund durch einem kleinen Blendenwert (also offene Blende) und einer langen Brennweite in die Unschärfe ziehen. Spielt mit unterschiedlichen Ton- oder Farbwertkontrasten zwischen Hintergrund und Hauptmotiv. Gepaart mit Gegenlicht gibt das sehr interessante Lichtstimmungen.
Details, Muster und Kontraste
Eine willkommende Abwechslung sind Details. Diese charakterisieren eine Landschaft auf kleinster Ebene. Entdeckt Formen, Muster und Texturen, die sich wiederholen. Diese findet Ihr im Winter auch in Detailaufnahmen von Frost an Zweigen und Blätter oder Beeren, in Eiszapfen oder Eisflächen von zugefrorenen Teichen. Achtet dabei auch darauf, dass der Hintergrund zum Modiv passt. Muster finden sich aber auch, wenn man zum Beispiel in einen Wald reinzoomt und so die Bäume verdichtet darstellt.
Belichtungshinweise
Histogramm und RAW Format
Bei reflektierenden Schneefeldern mit dunklen Tannen im Hintergrund ist die Kamera bei der Ermittlung der richtigen Belichtung oft überfordert. Das Histogramm kann helfen, ausbrechende Tonwerte zu erkennen. Schaltet in den manuellen Modus oder in die Zeitautomatik und korrigiert manuell nach. Zur Belichtungskorrektur solltet Ihr wegen der eingestellten Schärfentiefe weniger die Blende verwenden, sondern die richtige Belichtung über die Verschlusszeit steuern.
Bei Winterlandschaften tendiert das Histogramm oft nach rechts in den hellen Bereich, darum solltet Ihr auf ausgebrannte Lichter achten. Fotografiert in RAW - hier können ausgebrannte Lichter oder zugelaufene Tiefen teilweise in der Bildbearbeitung (Entwicklung) noch “gerettet” werden. Belichtet zugunsten des Hauptmotivs. Sind die hellen Stellen entscheidend, lasst nichts ausbrennen, sind die dunklen Stellen wichtig für die Bildaussage, lasst nichts zulaufen. Ansonsten helfen nur Belichtungsreihen oder ein Verlaufsfilter, um starke Tonwertunterschiede auszugleichen.
Dann wünsche ich viel Spaß mit dem fotografischen Winter und allzeit gutes Licht.
Alle hier gezeigten Fotos und Texte unterliegen dem Urheberrecht des Autors.
Wenn Ihr Euch für Landschaftsfotografie interessiert, schaut Euch doch auch mal diese Filme an: