Speedlights statt Studioblitze
Speedlights sind mittlerweile erwachsen geworden und taugen auch prima für den Studioeinsatz. Hier liegen drei unten im Leuchttisch und einer sitzt in einem Striplight mit Wabe, das von oben kommt (Details am Ende des Artikels).
Aufsteckblitz versus Porty oder Studioblitz
Kräftige Aufsteckblitze, kombiniert mit High-ISO-tauglichen Kameras, können immer öfter den Porty oder den Studioblitz ersetzen. Wo liegen die Grenzen?
In der Blitztechnik hat sich viel getan in den letzten Jahren. Die Strobisten haben früh schon begonnen, die kleinen Systemblitze wie Studioblitze zu nutzen – funkentfesselt und mit Studio-Lichtformern. Die Anfänge waren mit Systemen wie Flash2Softbox noch etwas holprig, aber die Lösungen sind mittlerweile ausgereift.
In dieser zweiteiligen Serie untersuchen wir einmal für Euch, wo genau die Vorteile der Speedlights im Vergleich zu Studioblitzen liegen und wo dem Einsatz Grenzen gesetzt sind. Im ersten Teil lest Ihr einen etwas nüchternen Vergleich, im zweiten Teil folgen dann ein paar spritzige Praxisbeispiele.
Bauform, Gewicht, Skalierbarkeit, Features, Intelligenz
Klar, die kleinen Taschensonnen sind viel kleiner und auch leichter. Ein starker Aufsteckblitz wiegt nur rund 500 g mitsamt Akkus, wohingegen selbst ein kleiner, schlanker Porty mehrere Kilogramm auf die Waage bringt. Wer viel reist, der weiß daher Speedlights zu schätzen, schon allein, weil bei vielen Fluggesellschaften Übergepäck richtig teuer ist. Weiterhin sind Lichtaufbauten mit modernen, vollintegrierten Portys wie dem Jinbei 600 oder dem Profoto B1 schlicht kopflastig und kippen leicht. Und wer drei Speedlights anstatt eines Portys mitnimmt, der kann auch skalieren: er kann die Geräte parallel oder auch getrennt voneinander (zum Beispiel als Kreuzlicht) einsetzen.
Profoto möchte mit den zwei Blitzköpfen des B2-Systems einen ähnlichen Vorteil erzielen, aber der externe Akkupack und die zwei Kabel sind dann doch wieder störend. An Intelligenz sind moderne Speedlights wie der Canon 600 EX RT kaum zu übertreffen. TTL, HSS, integrierte Funkübertragung, Strobo-Funktion, FEL usw. sucht man bei den großen Blitzen meist vergeblich. Profoto B1, B2 machen eine Ausnahme, aber diese Geräte kommen für viele Fotografen durch die hohen Anschaffungskosten nicht in Frage.
Blitzenenergie und Abstrahlverhalten
Aufsteckblitze sind normalerweise mit Studioblitzen in Sachen Blitzenergie nicht gut zu vergleichen, da das Abstrahlverhalten völlig unterschiedlich ist. Studioblitze und Portys strahlen nahezu nach allen Seiten ab, wohingegen Speedlights intern einen festen Reflektor verbaut haben, der das Licht stark bündelt.
Man kann die zwei Gerätetypen aber dennoch in Beziehung setzen. Zum einen kann man die Kapazität des Ladekondensators ablesen und die Ladespannung messen, zum anderen – und diesen Weg sind wir gegangen – kann man auch einfach die Blitzröhre eines Aufsteckblitzes „hochbocken“ und ihn somit in der Abstrahlcharakteristik dem Studioblitz annähern.
Der Umbau ist nicht schwierig. Man muss nur die Blitzröhre vorsichtig herausoperieren, die drei Kabel zur Röhre durchtrennen und verlängern und dann die Röhre bspw. mit SUGRU und einem Aluwinkel vorne am Blitz festkleben. Wir haben zum Schutz der Röhre ein Guitar Slide aus Glas von der Firma Martin verwendet.
Wer elektronisch vorbelastet ist, der kann relativ flott ein Speedlight für den Bare-Bulb-Betrieb umbauen und damit im Abstrahlverhalten den Studioblitzen ebenbürtig machen (auf eigene Gefahr).
Der Lohn ist eine bessere Füllung der Lichtformer. Alternativ zum Selbstbau kann man aber auch fertige bare-bulb-Speedlights kaufen (von Sunpak, Godox, Walimex u.a., siehe unten).
Warnhinweis: Wer den Umbau wagen möchte, der sollte vom Fach sein und mit der hohen Spannung am Ladekondensator umgehen können. Diese Spannung (mehrere hundert Volt) kann bereits lebensgefährlich sein. Wenn Ihr unsicher seid, dann fragt lieber einen befreundeten Elektroniker oder verwendet einfach einen der käuflichen Typen (Sunpak, Godox, Walimex u.a.).
Nach dem Umbau kann man nun herkömmlich mit einem Belichtungsmesser messen, und so zum Beispiel eine vergleichende Messreihe Porty gegen Speedlight aufstellen. Unsere Messungen haben ergeben, dass ein kräftiger Aufsteckblitz wie der YN-560 rund 60 Wattsekunden Blitzenergie an der Röhre hat. Wem das nicht reicht, der kann natürlich auch einfach mehrere Aufstecker parallel betreiben.
Eine wie hier selbstgebaute oder auch gekaufte Blitzschiene ermöglicht den parallelen Einsatz mehrerer Blitze in einem Durchlicht- oder Reflexschirm.
Verfügbare Adapter für Standard-Bajonette
In den Anfängen der Strobisten-Bewegung vor rund sechs Jahren war es alles andere als einfach,Lichtformer für Speedlights zu bekommen. Schirmneiger mit Coldshoe gab es zwar schon einige, aber Softboxen ...? Dann kam das System Flash2Softbox auf den Markt, welches auf eine eigene Adapterlösung gesetzt hat, und das war schon geradezu revolutionär.
Mittlerweile haben aber fast alle Lichtformerhersteller den neuen Kundenkreis erkannt, und es existieren Speedlight-Adapter für Bowens (= Walimex VC), Hensel, Hedler uvam.
Mittlerweile existiert eine Vielzahl von Adaptern für den Einsatz von Speedlights in Standard-Lichtformern. Der abgebildete Adapter ermöglicht den Einsatz von Speedlights am verbreiteten Bowens-/ Walimex-VC-Bajonett (Bildquelle: Foto-Morgen).
Welche Lichtformer kommen in Frage?
Zwar existieren mittlerweile viele Adapterlösungen für den Einsatz von Speedlights in Standardstudiolichtformern, aber leider ist der Einsatz dieser Geräte nicht immer sinnvoll. Der Grund ist das enge Abstrahlverhalten, welches zum Beispiel in einem Weitwinkel-PAR-Reflektor bewirkt, dass der Blitzlichtkegel des Speedlights vom PAR-Reflektor gar nichts mitbekommt. Auch sehr große Lichtformer wie große Softboxen sind mit Speedlights schlecht zu füllen.
Eine Möglichkeit, solche Varianten dennoch zu nutzen, ist der Einsatz eines milchigen Diffusors vor dem Blitz (eines sogenannten „Joghurtbechers“), eine weitere ist der Umbau auf Bare Bulb wie oben gezeigt. Wer diesen Umbau scheut, der bekommt auch im Handel fertige Bare-Bulb-Speedlights. Polaroid, Sunpak, Godox und auch Walimex bieten auch Speedlights mit freiliegender Röhre an (Google-Bildersuche: speedlight bare bulb).
Eine Internetrecherche zeigt: Tatsächlich sind Bare-Bulb-Speedlights gar nicht so selten.
Weiterhin existieren viele Lichtformer wie Schirme, kleinere Softboxen (idealerweise mit zweitem Innendiffusor) und Beautydishes, die auch ohne Modifikation prima mit Speedlights zusammenarbeiten. In vielen Fällen lässt sich übrigens das Licht gleichmäßiger formen, wenn man beim Speedlight die Streuscheibe herauszieht. Und wenn Ihr einmal ein großes Striplight verwendet, dann montiert einfach zwei Aufstecker im Innern, und lasst das eine in die eine Ecke zeigen, das andere in die gegenüberliegende.
So, und nun noch einmal kurz zum Aufhängerfoto: Wieso haben wir da wohl Speedlights verwendet und keine Studioblitze? Das ist einfach: Erstens passen unten in die Kiste keine Studioblitze und zweitens war der Walimex-Blitz am Striplight defekt, und die schnellste Lösung war, mit Gaffer Tape ein Speedlight neben den Studiokopf in die Sobo einzukleben.
:-)
Das Making-of zum Aufmacherfoto: In der Lichtkiste liegen drei Aufsteckblitze. Ein vierter Blitz sitzt im Striplight, um den defekten Walimex-Blitz zu ersetzen.
Im nächsten Beitrag gibt es dann ein paar konkrete Beispiele, die zeigen, wo und wann die Speedlights ihren großen Brüdern den Portys oder Studioblitzen über sind.
Bis dahin, Euer Tilo.
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