Recht: Vertragswidrige Nutzung von Bildern durch unberechtigter Weitergabe
Neueres Urteil des Oberlandesgerichts Hamm vom 17. November 2015 – Az. 4 U 34/15
Wer im Rahmen eines Auftrags für andere Bilder fertigt, wird regelmäßig den Umfang einer Lizensierung dieser Aufnahmen vereinbaren. Was jedoch, wenn der Auftraggeber die Bilder unberechtigterweise an Dritte weitergibt?
Ist der Auftraggeber nicht zur Weitergabe berechtigt ist, nutzt der Dritte diese Bilder urheberrechtswidrig. Ein neueres Urteil des Oberlandesgerichts Hamm („OLG Hamm“) hat in einem solchen Fall dem Fotografen einen Schadensersatzanspruch zugesprochen. Nachfolgend möchte ich das Urteil vorstellen und nachfolgend kurz Hinweise geben, was in der Praxis zu beachten ist.
Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zu Grunde: Ein Modefotograf hat im Mai 2011 für ein Modeunternehmen rd. 6.000 Bilder erstellt und dem Modeunternehmen in elektronischer Form zur Verfügung gestellt, u. a. zur Verwendung auf deren Homepage. Das Honorar lag bei rd. € 37.000,--. Eine ausdrückliche Vereinbarung über die Weitergabe der Bilder an Dritte lag nicht vor.
Das Modeunternehmen stellte der (später) Beklagten, die ein Wäsche- und Bademodengeschäft betreibt, verschiedene Bilder zur Verfügung, von denen die Beklagte elf Bilder auf ihrer Internetpräsenz veröffentlichte. Der Fotograf machte gegen das Wäschegeschäft einen Schadensersatz für die Nutzung der elf Bilder gerichtlich geltend.
Unberechtigte Veröffentlichung durch Dritte - Schadensersatz für den Fotografen
Das OLG Hamm hat dem Fotografen einen Schadensersatz gemäß § 97 Abs. 2 UrhG zugesprochen. Danach kann der Urheber bei vorsätzlicher oder fahrlässiger Verletzung seines Urheberrechts Schadensersatz von dem Schädiger verlangen. Die Beklagte – so das OLG – hat mit der Veröffentlichung der Bilder auf ihrer Homepage in das Urheberrecht des Fotografen eingegriffen.
Weil das Modeunternehmen (Auftraggeber des Fotografen) keine Berechtigung zur Weitergabe hatte, durfte und konnte es keine Nutzungsrechte an die Beklagte weitergeben (was man nicht hat, kann man nicht weitergeben). Die Beklagte hat die Bilder deshalb unberechtigt genutzt.
Im Zweifel werden nur die Rechte eingeräumt, die zur Erfüllung des Vertragszwecks unbedingt erforderlich sind
Warum war das Modeunternehmen nicht zur Weitergabe berechtigt? Das Gericht hat hierzu festgestellt, dass eine Zustimmung des Fotografen zur Weitergabe nicht vorlag. Der Vertrag sah ein solches Recht ausdrücklich nicht vor.
Auch aus der sog. Zwecklehre (§ 31 Abs. 5 UrhG), wonach im Zweifel die Rechte eingeräumt sind, die für den Vertragszweck erforderlich sind, folgt nichts anderes. Denn danach werden nur die Rechte eingeräumt, die nach dem Vertragzweck aus Sicht des Fotografen unbedingt erforderlich sind. Vorliegend war „nur“ die Erstellung von Fotografien für die (Eigen-)Werbung des Modeunternehmens vereinbart, nicht mehr.
Auch das Argument, dass es branchenüblich sei, Bilder ohne weitere Lizenzgebühren an Vertriebspartner weiterzugeben, hat das OLG Hamm verworfen, weil dieser Umstand nicht plausibel dargelegt wurde. Grundsätzlich bestehe das legitime Interesse des Urhebers, an den Erträgen der Verwertung beteiligt zu werden.
Die Beklagte hat fahrlässig gehandelt, weil sie verpflichtet war, sich über die Berechtigung zur Nutzung der Bilder Gewissheit zu verschaffen!
Schadensberechnung richtet sich nach dem Preis pro lizenziertem Foto
Dem Fotografen stand danach ein Anspruch auf Schadensersatz gegen das Wäschegeschäft zu. Der für den klagenden Fotografen „unfreundliche“ Teil ist die Schadensberechnung, die das OLG Hamm vorgenommen hat (die in anderen Fällen aber durchaus freundlich ausfallen kann!).
Zur Schadensberechnung hat das OLG Hamm darauf hingewiesen, dass die gebräuchlichste Methode die sog. Lizenzanalogie sei (§ 97 Abs. 2 Satz 3 UrhG). Danach kann der Betrag verlangt werden, der bei ordnungsgemäßer Lizensierung gewährt worden wäre. Dabei konnte sich der Fotograf vorliegend nicht auf seine allgemeine Preisliste berufen, weil er diese erst nach dem Vorfall erstellt hat.
Eine solche Liste – so das OLG Hamm – ist nur anwendbar, wenn bereits vorher eine entsprechende Vertragspraxis beim Fotografen bestand und „gelebt“ wurde. Auch die Honorartabellen des MFM seien nicht anwendbar, weil diese die Folgelizensierung von Nutzungsrechten an Werbefotografien aus reiner Auftragsarbeit nicht erfassen.
Bei der Bemessung des Schadensersatzes kommt es auf den objektiven Wert der Benutzungsberechtigung an, den das Gericht geschätzt hat. Vorliegend hat es sich an der vom Auftraggeber gezahlten Vergütung orientiert und diese schlicht durch die Anzahl der zur Verfügung gestellten Bilder geteilt! Bei einem Honorar von rd. € 37.000,00 und rd. 6.000 Bildern macht dies einen Lizenzbetrag von € 6,14 pro Bild aus. Da die Beklagte zudem die Nennung des Urhebers unterlassen hat, hat das Gericht den Betrag auf € 10,00 pro Bild aufgerundet. Bei 11 vertragswidrig genutzten Bildern macht dies einen Schadensersatz von insgesamt € 110,00 aus.
So bedauerlich vorliegend das Ergebnis des Urteils für den klagenden Fotografen ist, lässt sich doch aus dem umfangreich begründeten Urteil viel Gutes für Fotografen (und andere Urheber) entnehmen. Denn das OLG Hamm hat klargestellt, dass eine Berechtigung zur Weitergabe von Lizenzrechten an Bildern nur vorliegt, wenn dies klar und eindeutig zwischen Fotografen und dem Lizenznehmer vereinbart ist. Ist das nicht der Fall, nutzt der Drittverwender die überlassenen Fotos vertragswidrig.
Nicht alle Fotos aus einem Shooting zur Verfügung stellen
Was ist nun im zugrunde liegenden Fall für den Fotografen schief gelaufen? Es liegt schlichtweg daran, dass er dem Auftraggeber sämtliche (!) gefertigten Bilder zur Verfügung gestellt hat. Warum er dies gemacht hat, erschließt sich mir nicht.
Regelmäßig wird dem Kunden lediglich eine Auswahl zur Verfügung gestellt. Reduziert man die Anzahl der geschuldeten Bilder (auf ein „angemessenes“ Maß?), sieht ein Schadensersatzanspruch deutlich anders aus. Bei etwa 100 geschuldeten Bildern beträgt der Schadensersatz € 4.070,00 (€ 37.000,00 (Honorar) : 100 = € 370 je Bild x 11 Bilder); bei 80 geschuldeten Bildern € 5.087,50 (€ 37.000,00 : 80 = € 462,50 je Bild x 11 Bilder).
Vor diesem Hintergrund ist es dringend zu empfehlen, klar zu regeln, wie viele Bilder geschuldet werden und diese auf ein angemessenes Maß festzulegen. Wenn der Kunde dann doch mehr Bilder benötigt, kann man gerne in den Vertrag aufnehmen, dass weitere Bilder (gegen gesondertes Honorar) nachlizensiert werden können. Es sollten keinesfalls sämtliche Bilder aus einem Shooting zur Verfügung gestellt werden.
Zum einen verringert sich damit die Lizenzgebühr je Bild und damit ein möglicher Schadensersatz (wie in unserem Fall) drastisch. Zum anderen, weil der Kunde auch nicht perfekte Bilder erhält und ggf. veröffentlicht, was für das Image des Fotografen nicht förderlich ist. Sollte der Kunde doch – trotz vertraglicher Vereinbarung einer Höchstgrenze – mehr Bilder haben wollen, sollte deutlich gemacht werden, dass die Aufnahmen (zunächst) nur zur Ansicht übersandt werden und damit keine Änderung des Vertrages verbunden ist. Nicht geglückte Bilder sollten selbstredend nicht an den Kunden weitergegeben werden.
Abschließend bleibt zu bemerken, dass vorliegend der Fotograf gegen einen widerrechtlich nutzenden Vertriebspartner vorgegangen ist. Oftmals ist es aber so, dass die Bilder gleich mehreren Vertriebspartnern oder allgemein mehreren Nutzern zur Verfügung gestellt werden, welche die Bilder unberechtigt nutzen. Hier kann es durchaus sinnvoll und einträglich sein, näher zu recherchieren.
Letztlich muss der Vertriebspartner, der die Bilder des Fotografen widerrechtlich genutzt hat, dem Fotografen eine Lizenzgebühr als Schadensersatz zahlen. Er kann sich jedoch den Betrag im Wege des Schadensersatzes von dem eigentlichen Lizenznehmer wiederholen. Denn dieser hat ihm Bilder überlassen, ohne selbst dazu berechtigt zu sein und hat ihm deshalb gerade keine wirksame Lizenz eingeräumt. Damit hat er den mit dem Vertriebspartner bestehenden Lizenzvertrag verletzt.
Dieser Artikel unterliegt dem Urheberrecht des Autors.
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