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Rechtliches zum Nachfotografieren von Bildern

Wie lernt der Mensch? Der Mensch lernt dadurch, dass er nachmacht, was andere Menschen ihm zeigen bzw. vormachen! 

So schaut das Baby, wie Mama den Brei isst, um es dann nachzumachen. An einem fremden Bahnhof schauen wir, wie Mitreisende Tickets aus dem Automaten ziehen, um es dann selbst zu versuchen. 

Genau so ist es auch bei uns Fotografen. Gerade wenn wir Fotografie lernen oder uns weiterentwickeln, schauen wir, wie andere Fotografen ihre Bilder gestaltet haben. 

Diese Bilder werden analysiert und nachfotografiert: 

So stellen wir uns Fragen: „Wie ist die Gestaltung?“, „Wie wurde das Licht gesetzt?“. „Wie ist die Stimmung?“, „Wie ist der Bildschnitt?“, „Farbe oder Schwarzweiß?“. 

Hierbei wird das Nachfotografieren in der Regel ganz bewusst geschehen. 

Es kann aber auch sein, dass wir zwar nicht bewusst nachfotografieren, aber doch unbewusst ein Bild im Kopf haben, das wir mal in einem Magazin oder Bildband gesehen haben.

Oder auch, dass wir eine Idee oder ein Konzept entwickeln und umsetzen, dann aber feststellen müssen, dass ein anderer früher schon die gleiche Idee hatte.

Bildrecht - Nachfotografieren von Fotos

Hier stellt sich unter rechtlichen Gesichtspunkten die Frage, ob man ohne weiteres fremde Bilder bzw. fremde Ideen nachfotografieren darf.

Bejaht man dies, schließt sich die spannende Frage an, ob man die nachgemachten Bilder auch veröffentlichen darf.

Aus der anderen Richtung geblickt geht es darum, ob ich als Fotograf verhindern kann, dass andere Fotografen meine Bilder nachfotografieren und veröffentlichen.

Bloßes Nachfotografieren ist zulässig

Um es kurz zu machen: Das bloße Nachfotografieren fremder Bilder, etwa um sich weiterzuentwickeln, ist zulässig und rechtlich nicht zu beanstanden.

Wie aus § 24 UrhG deutlich wird, ist nur die Veröffentlichung und Verwertung der nachgemachten Bilder kritisch, nicht aber das Nachstellen als solches. 

Ist auch eine Veröffentlichung nachgemachter Bilder zulässig?

Interessanter und diffiziler zu beurteilen ist die Frage, ob nachfotografierte Bilder auch veröffentlicht werden dürfen.

Die Antwort auf diese Frage lässt sich indirekt den Regelungen des § 24 Abs. 1 UrhG und des § 23 UrhG entnehmen.

Da die Regelungen aus sich heraus nicht selbsterklärend sind, werde ich sie nachfolgend erläutern. Für die Interessierten, die der Wortlaut der Vorschriften interessiert, habe ich sie am Ende des Textes nochmal zitiert.

Nach § 24 Absatz 1 UrhG darf ein Foto dann ohne Zustimmung des Urheber des benutzten Bildes verwendet werden, wenn es sich bei dem geschaffenen Werk um ein „selbständiges Werk“ handelt, das in „freier Benutzung“ eines anderen urheberrechtlich geschützten Werkes erfolgt ist. 

Damit möchte der Gesetzgeber einerseits das Interesse des Urhebers an dem verwendeten Foto schützen, andererseits aber dem Schöpfer des neuen Fotos die Gelegenheit geben, das ursprüngliche Foto als Inspirationsquelle zu nutzen. 

Warum? Der Gesetzgeber hat gesehen, dass jedes Werk (hier: Foto) das Produkt eines bestimmten Kulturzustandes ist, der wiederum auf früheren Kulturzuständen beruht. Hier geht es also um Weiterentwicklung! 

Dies setzt – so der weise Gesetzgeber – voraus, dass ein geschütztes Foto wieder Ausgangspunkt für weitere, spätere Werke sein kann. 

Damit kann nicht für jede Benutzung eines Werkes die Zustimmung des Urheberrechtsinhabers erforderlich sein.

Aber was bedeutet dies konkret?

Wann ist nun ein zustimmungsfreies Veröffentlichen von nachfotografierten Bildern möglich?

Hier sind drei verschiedene Konstellationen zu beachten, die es zu beurteilen gilt:

Konstellation 1: Das Ursprungsfoto ist 1:1 nachfotografiert bzw. kopiert

Aus dem Vorgesagten folgt, dass ein bloßes Kopieren der relevanten Inhalte nicht zulässig ist.

Hierbei handelt es sich jedenfalls nicht um eine geforderte Weiterentwicklung und kein selbständiges Werk, sondern schlicht um ein Plagiat.

Das Veröffentlichen solcher Bilder ist nur mit Zustimmung des Urheberrechtsinhabers des Ausgangsbildes zulässig.

Beispiele

Beispiel 1:

Fiktives Beispiel: Ein bekannter Fotograf hat ein Stilllife gefertigt für eine Schmuckproduktion.

Das Bild zeigt verschiedene Ringe, die kunstvoll an den fünf Zweigen eines Asts arrangiert sind. Der Ast mit den fünf Zweigen sieht aus wie ein Arm mit Hand und Fingern.

Auf die Zweigfinger sind die Ringe platziert. Auf den Ast (das heißt dem Arm) ist noch ein kostbares Armband arrangiert. Das Ganze ist aufwändig und stimmungsvoll beleuchtet.

Beispiel 2:

Beispiel aus dem Buch von Eberhard Schuy „Objektfotografie im Detail“ S. 105 (ein für Produktfotografen überaus empfehlenswertes Buch!): Hier wurde eine verrostete und halb zerfallene Bierdose fotografiert.

Der Clou bei dem Bild ist, dass aus der vorgesehenen Öffnung (der Clipverschluss ist geöffnet) frisches Bier herausläuft.

Da die Dose, die frei im Raum schwebt, völlig kaputt ist, ist dies tatsächlich unmöglich und wurde technisch aufwändig konstruiert.

 © Eberhard Schuy

Foto:  © Eberhard Schuy - Beispiel mit freundlicher Genehmigung von Eberhard Schuy

Werden diese Bilder 1 und 2 schlichtweg 1:1 nachfotografiert, darf dies zwar zu Übungszwecken geschehen.

Eine Verwertung, das heißt insbesondere eine Veröffentlichung ist allerdings unzulässig, da es die Urheberrechte der Fotografen der Ausgangsbilder verletzt.

Konstellation 2: Das Ursprungsfoto ist so geändert, dass die Änderung als „bloße“ Bearbeitung anzusehen ist

Wie die Regelung von § 23 UrhG zeigt, darf ein nachgestelltes Foto auch dann nicht ohne Zustimmung des Urhebers des Ausgangsbildes veröffentlicht werden, wenn die Änderungen, die gegenüber der „Vorlage“ vorgenommen worden sind, als bloße Bearbeitung oder Umgestaltung des Werkes anzusehen sind. 

Das ließe sich dann auch darauf übertragen, wenn nicht lediglich das Originalbild bearbeitet, sondern das Bild nachfotografiert wird, die Änderungen gegenüber dem Original aber so marginal sind, dass diese wie eine Bearbeitung wirken.

Bearbeitung und Umgestaltung beinhalten beide eine Veränderung des benutzten Werkes.

Der Unterschied liegt „lediglich“ darin, dass der Bearbeiter die Identität des Originalwerkes durch die Veränderung unberührt lassen will.

Demgegenüber spricht man von einer „Umgestaltung“, wenn der Verfasser das Ergebnis als eigenes Werk ausgeben will („Plagiat“)

Wesentlich für Bearbeitungen/Umgestaltungen ist, dass es sich hierbei nicht um grundlegende Änderungen, sondern eher um „kleinere“, „redaktionelle“ Anpassungen handelt und keine neuen stilbildenden Elemente hinzutreten.

Beispiele von Bearbeitungen/Umgestaltung sind etwa das Bearbeiten von Bildern mit Photoshop (ohne Aufnahme neuer stilbildender Elemente).

Hierzu zählen auch Retuschierarbeiten und das Entfernen/Hinzufügen nicht wesentlicher gestaltender Bildelemente (z. B. Beseitigung von Strommasten oder Hinzufügen von Grünflächen durch den Kopierstempel in Landschaftsaufnahmen), Farbanpassungen, Änderungen in Schwarzweiß oder Tonung, ein anderer Bildschnitt etc.

Beispiele:

Beispiel 1:

Hier würde das Beispiel 1 so nachfotografiert, dass lediglich eine Bearbeitung vorliegt:

Die genannten Requisiten (auch wenn ggf. nicht so hochwertiger Schmuck) werden ebenfalls verwendet und über Ast und Zweige gesteckt.

Die Äste sind ein jedoch wenig karger und stilisierter. Es wird zudem ein etwas engerer Bildausschnitt gewählt. Bis auf den (farbigen) Schmuck ist nun aber das Bild in einem Sepia-Ton gehalten.

Es werden verschiedene Filter verwendet, die Beleuchtung ist ein wenig anders gewählt.

Diese Bearbeitung ändert nichts daran, dass die Ursprungsidee deutlich übernommen und nur wenig – eben eine Bildbearbeitung – geändert wird.

Das Ausgangsbild wird hier als Vorlage verwendet und es fließt nur wenig Eigeninitiative und Kreativität in die eigenständige Weiterentwicklung.

Eine Veröffentlichung ist hier nur mit Zustimmung des Fotografen des Ausgangsbildes rechtlich zulässig.

Beispiel 2

Ebenso sähe es in unserem Beispiel 2 aus, wenn sich die Änderungen ebenfalls darin begnügten, Farbanpassungen vorzunehmen oder das Bild statt in Farbe nunmehr in Schwarzweiß nachzufotografieren und aus einer etwas anderen Perspektive heraus.

Auch hier läge eine bloße Bearbeitung vor, eine eigene kreative Entwicklung ist nicht erkennbar.

Gleiches gilt m. E., wenn aus der kaputten Bierdose etwa eine Fantadose oder eine Fantaflasche (oder eine Dose/Flasche jeder anderen beliebigen Marke) wird und die Limo nicht nach unten, sondern nach oben fließt.

Es bleibt dabei, dass die in dem Ausgangsbild verwendete Idee aufgegriffen und nur minimalst geändert wird.

Die Idee des Ursprungsbildes bleibt deutlich erkennbar.

Kleines „add-on“ für Interessierte:

Nur der Vollständigkeit halber sei hier für die Interessierten erwähnt, dass § 23 UrhG inhaltlich meint, dass das „Originalbild“ bearbeitet wird.

Das ist hier regelmäßig natürlich nicht der Fall und passt nicht direkt. Aber man kann aus dem „Geist der Vorschrift“ Honig saugen für den vorliegenden Fall.

Nach dem Motto, wenn ich schon das Originalbild nicht bearbeiten darf, darf ich auch nicht hingehen und das Bild unter geringfügiger Veränderung ohne Zustimmung veröffentlichen.

Konstellation 3: Das Ursprungsfoto ist so geändert, dass das (neue) Foto als inhaltliche Neuschöpfung anzusehen ist

Demgegenüber liegt eine freie und damit zustimmungsfreie Benutzung dann vor, wenn sich das neue Foto von der Vorlage so weit gelöst hat, dass es als eine völlig selbständige Neuschöpfung anzusehen ist.

Um es anders zu sagen: eine freie Benutzung ist dann anzunehmen, wenn angesichts der Eigenart des neuen Bildes die entnommenen „eigenpersönlichen“ Züge des geschützten und verwendeten Fotos verblassen.

Dadurch unterscheidet sich die freie Benutzung von der bloßen Bearbeitung.

Eine freie Benutzung ist insbesondere dann gegeben, wenn die gestaltenden Elemente des genutzten Bildes nur als Anregung (und eben nicht nur als Vorlage) verwendet werden, um darauf etwas Anderes, Neues aufzubauen.

Dem Fotografen kann leider keine Faustformel an die Hand gegeben werden, um ihm die gewünschte Sicherheit zu bieten.

Wie die Rechtsprechung stets betont, verbietet sich in solchen Fällen jede schematische Betrachtung und nimmt jeweils eine Einzelfallprüfung vor, was die Sache (leider) nicht vorhersehbarer macht.

Und da kämpft man mit der Tatsache, dass jeder eine andere Auffassung davon hat, was gerade noch oder schon nicht mehr geht.

Fazit

Aber mitzunehmen ist sicherlich Folgendes:

Es ist zulässig, sich aus anderen Bilder Anregungen zu holen und auf diesen aufbauend, neue Bilder zu schaffen.

Je weiter sich in dem neuen Bild der eigenschöpferische Prozess wiederfindet und von dem „anregenden Bild“ abweicht, desto mehr ist man auf der sicheren Seite (bitte beachtet aber, dass es hier keine vollständige Rechtsicherheit geben kann!). 

Deshalb legt bitte Wert darauf, möglichst viele eigene Elemente aufzunehmen und Bildaussagen und Inhalte (deutlich) zu verändern. 

Eine Idee wäre beispielsweise, aus mehreren Bildern Anregungen zu nehmen und diese zu einer neuen Gesamtaussage zusammenzusetzen.

Beispiele

In unserem Beispiel 1 wird das Ausgangsbild deutlich verändert.

Die Ringe sind etwa nicht mehr auf die Zweige eines Astes gesteckt, sondern auf die Finger einer im Künstlerbedarf erhältlichen Holzhand (Manuchino), die so geformt ist, dass sie dem Betrachter den sog. „Stinkefinger“ zeigt (Alternativ aus Aststücken zusammengestückelte und zusammengebaute Hand).

Das Manuchino bzw. die gefertigte Asthand wird von zwei realen Händen gehalten, welche die Finger wie ein Saatkorn von unten umschließen. Das Licht wird dramatisch verändert und gleicht nunmehr einem Spot, der auf das Geschehen fokussiert ist.

Hier werden deutlich eigene und neue kreative Elemente und Ideen verwendet, die die Ursprungsidee deutlich zurücktreten lassen und etwas Anderes, etwas Neues schaffen.

Hierbei handelt es sich die genannte freie Verwendung, die nicht mehr zustimmungspflichtig ist.

In unserem Beispiel 2 wird nun statt einer Dose/Flasche ein Fisch verwendet, bei dem nur noch der Kopf mit dem offenen Maul und dahinter die Gräten mit dem Fischschwanz zu sehen sind.

Der Fisch hängt auch nicht mehr frei schwebend im Raum, sondern ist auf einem Teller drapiert. Der Kopf schaut über den Tellerrand und „speit“ Remoulade (zugegeben … nicht geschmackvoll, aber hinterlässt einen bleibenden Eindruck! … wenn das der Schuy wüsste!!!).

Auch hier wird die Idee (Flüssigkeit fließt aus einem kaputten Gegenstand) des Ausgangsbildes aufgegriffen und als Inspiration zu etwas völlig Neuem (eine gewesenes Tier – oder Lebensmittel – speit seinen „Dipp“) verwendet.

Die Aussagen und Bildwirkungen sind deutlich anders. Auch hier dürfte eine zustimmungsfreie Veröffentlichung möglich sein.

Unabhängige Ideenentwicklung

Für den Fall, dass ein fremdes Bild unwissentlich und damit ohne Kenntnis von dessen Existenz übernommen wird, bestehen beide Urheberrechte an den identischen bzw. nahezu identischen Fotos parallel.

Man spricht hier von einer „Doppelschöpfung“. In dem Fall einer Doppelschöpfung obliegt es allerdings dem Urheber des späteren Fotos, darzulegen und zu beweisen, dass es sich tatsächlich um eine solche Doppelschöpfung handelt und das frühere Foto eben nicht kopiert worden ist.

Dies dürfte im Einzelfall schwierig sein.

Zu beachten ist in diesem Zusammenhang auch, dass ein „Benutzen“ eines anderen Bildes und keine Doppelschöpfung auch dann vorliegt, wenn das eigene Bild zwar nicht auf persönlicher Kenntnis des älteren Bildes geschaffen worden ist, aber auf Anregungen und Beschreibungen Dritter beruht, die das „Vorlagebild“ kannten.

Der Vollständigkeit halber möchte ich zum Abschluss die (nicht selbst erklärenden) Regelungen, die ich oben zitiert habe, für den interessierten Leser beifügen:

„§ 24 Freie Benutzung

  1. Ein selbständiges Werk, das in freier Benutzung des Werkes eines anderen geschaffen worden ist, darf ohne Zustimmung des Urhebers des benutzten Werkes veröffentlicht und verwertet werden.“

„§ 23 Bearbeitungen und Umgestaltungen

Bearbeitungen oder andere Umgestaltungen des Werkes dürfen nur mit Einwilligung des Urhebers des bearbeiteten oder umgestalteten Werkes veröffentlicht oder verwertet werden. Handelt es sich um eine Verfilmung des Werkes, um die Ausführung von Plänen und Entwürfen eines Werkes der bildenden Künste, um den Nachbau eines Werkes der Baukunst oder um die Bearbeitung oder Umgestaltung eines Datenbankwerkes, so bedarf bereits das Herstellen der Bearbeitung oder Umgestaltung der Einwilligung des Urhebers.“

Ich hoffe, ich konnte ein bisschen Licht ins Dunkel bringen.

Die hier veröffentlichten Texte und Fotos unterliegen dem Urheberrecht des jeweiligen Autors

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27. Februar 2015 - 17:45

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