Focus Stacking mit Fokusvariation
Nachdem Ihr im ersten Teil dieses Blogthemas gesehen habt, dass die Ergebnisse meiner Focusstacking-Aufnahmen mit einer Fokusschiene nicht optimal waren, geht es heute mit Focusstacking durch Fokusvariation und dem Fazit aus dem Vergleich beider Methoden weiter.
Fokusstacking durch Variation des Fokus
Im nächsten Schritt habe ich die Position der Kamera unverändert belassen und nur den Fokus der Linse variiert.
Fürs Focus Stacking per Fokusvariation:
Kamera, Objektiv, Kamerastativ
Für die manuelle Variation des Fokus muss man sich zuerst (z.B. per Liveview) einen visuellen Eindruck verschaffen, wie denn die erforderliche Schrittweite ist.
Und dann fährt man mit dieser Schrittweite (abzüglich ein wenig Sicherheit) durch die Szene, von vorne bis hinten, und macht nach jedem Fokusschritt ein Foto.
So sieht das Ergebnis aus, wenn man nicht den Abstand, sondern nur den Fokus am Objektiv verändert. Schon besser! Aufgenommen habe ich hier eine Bildreihe, die wieder den Bereich zwischen Bauer 1 und Bauer 2 abdeckt.
Das kann sich schon eher sehen lassen und hat mich angespornt, auch einmal mit knapp 40 Aufnahmen die komplette Szene mit allen Figuren zu wagen. Das Ergebnis (direkt aus der Kamera) ist nicht perfekt, aber auch wirklich nicht schlecht. Damit kann man arbeiten.
Eine Stacking-Aufnahme der kompletten Szene (per Fokusvariation, scharf aufgenommen habe ich alle Figuren, nicht aber den Hintergrund), aufgenommen per Fokusvariation. Schon besser, damit kann man arbeiten!
Fazit
Die Makroschiene taugt prima für Insekten usw., wenn man sowieso mit Makro-Tele-Objektiven um 100-150 mm shootet. Bei diesen Motiven hat man selten mit Abdeckungen zu tun.
Für größere Objekte, für komplexe Szenen mit Abschattungen und kürzere Brennweiten taugt der Ansatz kaum. Hier wird allein schon die Kürze der Schiene zum großen Nachteil – die erlaubte Tiefenausdehnung der Szenen wird durch die Schiene begrenzt.
Generell wird es für den Stacking-Algorithmus schwierig, wenn sich die Position der Kamera ändert. Man stelle sich eine Autofahrt mit Kamera durch eine Häuserschlucht vor.
Die andauernde Änderung der Perspektive zeigt hier völlig andere Ansichten der Szene und verändert auch völlig die Verdeckungen in der Szene. Weiterhin erhält man im gestackten Bildbereich eine telezentrische Perspektive, wohingegen außerhalb die klassische entozentrische Perspektive vorherrscht. Mit anderen Worten: Die zwei weißen Bauern sind gleich groß, aber der unscharfe schwarze Bauer im Vordergrund ist größer! Das kann zu einem unrealistischen Eindruck führen.
Hier noch einmal die Ergebnisse aus dem Fokusstacking mit der Fokusschiene:
Vorteile bietet das Verfahren aber bei der Automatisierung: Es ist einfacher, die komplette Kamera auf einem Schlitten exakt zu verfahren, als ebenso exakt nur den Fokus des Objektivs zu verändern.
Die Fokusvariation scheint das Mittel der Wahl für den alltäglichen Umgang mit Focus Stacking zu sein. Der kleine Nachteil der veränderten Vergrößerung (die grüne Schachfigur wird hier kleiner, die Anschlussstellen beim Stitching sind unterschiedlich groß) stört die Verfahren nicht wirklich und steht dem großen Vorteil der einheitlichen Perspektive gegenüber.
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Vorteile |
Nachteile |
Abstandsvariation mit Makroschiene |
+ Einfach einzusetzen, auch in automatischer (motorisierter) Version. Produkt-Beispiel: Stackshot von Cognisys |
– Man benötigt eine Schiene (mit Übung und etwas Glück sind aber auch Reihen aus der Hand möglich) |
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+ Problemlos möglich, wenn die Szene keine Verdeckungen aufweist |
– Scheitert bei komplexen Szenen mit Hinterschneidungen / Verdeckungen; scheitert damit bei Szenen, bei denen die Kamera nicht ausreichend Abstand hat |
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+ Die bessere Wahl im (Super)-Makrobereich, da dort die Fokusvariation zumindest bei AF-Objektiven (zu leichtgängig, zu wenig Verstellweg) nicht mit ausreichender Präzision möglich ist |
– Verbirgt die ursprüngliche Perspektive und bringt eine künstliche und auch eventuell künstlich wirkende telezentrische Perspektive ein. Bei Makroaufnahmen mit längeren Teleobjektiven (100–200 mm) stört das kaum, da diese sowieso eine nahezu telezentrische Perspektive vermitteln. |
Fokusvariation am Fokusring des Objektivs |
+ Dieses Verfahren benötigt keine Schiene und funktioniert notfalls auch aus der Hand. |
– Das Verfahren ist bei den leichtgängigen AF-Objektiven mit den dort üblichen kleinen Verstellwegen nicht gut im Makrobereich (also bei sehr kleinen Schrittweiten) einzusetzen |
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+ Taugt prima für den alltäglichen Gebrauch |
– Ist schwieriger (universell, also für alle Objektive passend) zu automatisieren |
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+ Funktioniert auch bei komplexen Szenen mit Verdeckungen usw. |
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+ Behält die ursprüngliche entozentrische Perspektive bei. Die Ergebnisse wirken dadurch natürlicher. |
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Ich verwende das Verfahren der Fokusvariation häufig und auch manchmal aus freier Hand. Auch das wäre mit Abstandsvariation kaum oder zumindest schwerer möglich.
Es gelingt aber mit ein bisschen Übung relativ problemlos, die Kamera unverändert am Auge zu lassen und mit dem Finger unterschiedliche AF-Sensoren durchzusteppen. Man muss dann nur noch in Photoshop im Anschluss die Bilder auch ausrichten lassen, da man sich wahrscheinlich bei Freihandaufnahmen doch ein wenig bewegt hat zwischen den Aufnahmen.
Für das Radio habe ich fünf Bilder aus der Hand aufgenommen, mit der Kamera am Auge, und nur mit dem Zeigefinger die Fokussensoren gewechselt (die Spiegelung ist übrigens synthetisch).
Hier seht Ihr Focus Stacking einmal freihand angewandt. Ich habe einfach mit der Kamera am Auge die fünf AF-Fokussensoren durchgesteppt und jeweils ein Bild aufgenommen. Die Bildreihe muss man vor dem Stacking mit Photoshop dann zuerst ausrichten,aber auch das geschieht problemlos und in wenigen Sekunden.
Focus Stacking bei Produktaufnahmen
Habt Ihr Euch bei dem Foto des Radios gefragt, wieso diese Aufnahme gestackt ist? Die Frage ist berechtigt, die Erklärung aber einfach: Mit einer Vollformatkamera und mit der Wunschbrennweite von rund 60 mm und mit einer vertretbar engen Blende ist es nicht möglich, das Radio durchgehend scharf abzubilden.
Abblenden funktioniert, macht aber da Bild dann weicher durch die Beugungsunschärfe. Die Wahl einer kürzeren Brennweite funktioniert, liefert aber nicht die Wunschperspektive. Kürzere Brennweite und längerer Abstand funktionieren auch, aber man muss dann anschließend zuschneiden und verliert Auflösung. Darum: Stacking. :-) Die einzige perfekte Alternative wäre, eine Tilt-Optik einzusetzen und so die Schärfedehnung nach Scheimpflug zu nutzen.
Focus Stacking per Photoshop
- Serie mit wanderndem Fokus aufnehmen
- In Photoshop laden per Datei > Skripten > Dateien in Stapel laden; [x] ausrichten
- Alle Ebenen im Stapel markieren
- Bearbeiten > Ebenen automatisch überblenden > Bilder stapeln; [x] nahtlose Töne
Alle hier gezeigten Texte und Fotos unterliegen dem Urheberrecht des Autors.
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