Bildanalyse vor der Bearbeitung
In diesem Blogbeitrag zeige ich Euch eine mögliche Struktur, wie Ihr in 12 Schritten prüfen könnt, ob das Bild für eine weitere Bearbeitung geeignet ist. Das Bild ist sowohl auf die gestalterische als auch auf die technische Qualität zu untersuchen. Die technischen Aspekte sind dabei etwas einfacher, die gestalterischen Komponenten sind eher subjektiv und hängen vom Anspruch und der Absicht des Bildautors ab.
Einige der Punkte sind sehr schnell geklärt und bedürfen eigentlich kaum einer Erwähnung, doch wenn sie nicht positiv beantwortet werden, können sie den Erfolg des Bildergebnisses leicht in Frage stellen.
Je nach Motiv und Bildidee sind die Analysepunkte mehr oder weniger wichtig. Bei einer Architekturaufnahme beispielsweise können stürzende Linien ein wesentlicher Qualitätsfaktor sein, bei einer Makroaufnahme sind sie nicht so wichtig.
Bei RAW-Aufnahmen sind viele Parameter bei der Bildbearbeitung noch veränderbar, bei jpg-Aufnahmen hingegen müssen ein paar Einstellungen schon bei der Aufnahme richtig gewählt werden, da sie nicht mehr oder nur mit starken Qualitätseinbußen korrigiert werden können.
TECHNIK
1. Dateigröße
Ist die Dateigröße und das Dateiformat ausreichend für den Verwendungszweck?
Für die Nutzung im Internet oder die Darstellung per Beamer sind im Allgemeinen 1000px (lange Bildkante) ausreichend. Für den Druck wird die notwendige Dateigröße nicht in Pixeln sondern in cm bei einer Auflösung von (in der Regel) 300 dpi angegeben. Pro 10 cm Bildbreite sind das 1181px. Es hat sich in der Praxis herausgestellt, dass die Angabe in cm und dpi praktischer ist. Beispiel: 30cm Breite, 300dpi Auflösung.
2. Schärfe
Stimmt die Bildschärfe am Fokuspunkt (bei Aufnahmen mit offener Blende), ist das Bild frei von Verwacklungsunschärfe, ist die Schärfe über das gesamte Bildfeld wie gewünscht (oder gibt es Schärfeabfall zum Rand)? Bei Weitwinkelaufnahmen - sind die chromatische Aberration und die objektivbedingte Vignettierung akzeptabel oder korrigierbar?
Bei jpg-Aufnahmen: Ist das Bild nicht überschärft?
Die Kombination aus zu reichlicher Belichtung bei weit geöffneter Blende führt zu Detailverlust in den hellen Bildstellen und macht dieses Bild unbrauchbar.
3. Rauschen
Ist das Bildrauschen - sofern vorhanden - akzeptabel oder korrigierbar? Dieser Aspekt ist sehr subjektiv und auch vom gewünschten Verwendungszweck und vom Motiv abhängig. Bei Materialwiedergabe sind weit geringere Werte notwendig, als bei emotionalen Bildern. Hier gibt es kein Maß für richtig oder falsch. Die Grenzen zwischen brauchbar und nicht mehr brauchbar sind fließend.
Wie Ihr Bildrauschen entfernt, seht Ihr übrigens in diesen FotoTV. Filmen:
Photoshop:
Lightroom:
4. Flecken
Ist das Bild frei von anderen qualitätsmindernden Faktoren - wie beispielsweise durch Partikel auf dem Sensor verursachte Flecken - die den Bearbeitungsaufwand erhöhen oder Blendenflecken (Lens flares), die den Bildeindruck stören?
5. Belichtung
Ist die Belichtung für die weitere Bearbeitung brauchbar? Ist Zeichnung in allen Stellen, die für diese Aufnahme wichtig sind?
Die richtige Belichtung sorgt für Zeichnung in allen Bildteilen und führt zu einem zugegebenermaßen langweiligen Farbbild, das jedoch nur das Ausgangsmaterial für das finale Bild darstellt.
Die Idee zu dieser Bearbeitung und der Schwarz-Weiß-Umsetzung war schon vor der Aufnahme vorhanden.
6. Weißabgleich
Besonders bei jpg-Aufnahmen: Stimmt der Weißabgleich? Ist die Farbdarstellung für den gewünschten Zweck passend oder in der Bearbeitung machbar?
Der falsche Weißabgleich führt zum leichten Warmton. Mit dem richtigen Weißabgleich ist die Kälte im Bild zu spüren.
Mehr zum Thema Weißabgleich erfahrt Ihr in diesem FotoTV. Film:
GESTALTUNG
7. Bildgeometrie
Ist der Horizont gerade, oder wenn nicht, stimmt der Bildaufbau auch dann noch, wenn der Horizont gerade ausgerichtet und das Bild beschnitten ist?
Bei geometrischen Bildern: stimmt die Geometrie? Hat das Bild stürzende Linien? Werden sie für das Bild so benötigt, oder können sie korrigiert werden?
An der rechten oberen Bildkante ist ein störendes Element und die stürzenden Linien sind der Bildwirkung abträglich.
Nach der Korrektur und einem engen Bildausschnitt hat das Bild die gewünschte Wirkung.
Wie Ihr stürzende Linien korrigieren könnt, zeigen Euch diese FIlme:
Lightroom:
Photoshop:
8. Farbe
Stimmt die Farbe im Bild als Ganzes und im Detail? Gibt es störende Farbelemente, die entfernt werden können? Unterstützt die Farbe im Foto die gewünschte Darstellung?
9. Helligkeit
Wirkt das Bild in der Bildhelligkeit stimmig und überzeugend oder kann dies durch Bildbearbeitung hervorgerufen werden?
Das unbearbeitete Bild wirkt in den Lichtern etwas zu dunkel.
Nach Anheben der Helligkeit in den hellen Bildteilen wirkt das Bild insgesamt besser.
10. Bildausschnitt. Bildaufbau
Ist der Bildaufbau für die Bildidee gelungen oder kann das Bild durch Beschnitt möglicherweise in einem anderen Seitenverhältnis optimiert werden?
11. Schärfe, Detailschärfe
Passt die Schärfe im Gesamtbild und in den Details oder kann eine partielle Schärfung den Bildeindruck noch verstärken?
Eine Schärfung der dunklen Bildteile verstärkt die Bildwirkung ohne direkt ins Auge zu fallen.
12. Kontrast, Gradation, Detailkontrast
Wirkt das Bild der Bildidee entsprechend in Kontrast, Gradation und Detailkontrast ansprechend und überzeugend oder können diese angepasst werden?
Alle hier gezeigten Texte und Bilder unterliegen dem Urheberrecht des Autors.
Und kennt Ihr schon die Bildbesprechungen von Michael Jordan und Eberhard Schuy?