Outdoor-Aktfotografie, Teil 2: Die Model-Suche
In Teil 1 der vierteiligen Serie zur Outdoor-Aktfotografie haben wir besprochen, wie eine geeignete Outdoor-Location gefunden wird. Jetzt fehlt noch ein gutes Aktmodel. Denn ohne das richtige Model, ist auch die schönste Szenerie wertlos.
Gute Aktmodels sind jedoch nicht ganz leicht zu finden. Meist ist die Suche ohne Netzwerk langwierig und mitunter auch ernüchternd. Grundsätzlich muss ich mir vor der Suche klar sein, will ich Geld ausgeben oder auf der Basis TFP (time for print) arbeiten. Models für TFP, also für ein Arbeiten auf Gegenseitigkeit – das Model investiert Zeit, der Fotograf sein Können – sind schwieriger zu finden, als Models für Pay-Shootings. Zudem erwartet das Model bei einem TFP-Shooting auch entsprechende Ergebnisse für ihre Leistung. Wer mit guten Models ohne Gagen arbeiten möchte, muss schon Besonderes leisten. Ausnahmen bestätigen natürlich die Regel.
Nur, wie und wo finde ich Models?
Eine naheliegende Lösung ist, einfach auf die Straße zu gehen und Leute anzusprechen. Das funktioniert besser als man denkt, benötigt aber rhetorisches Geschick, sicheres, freundliches Auftreten, eine Visitenkarte und bestenfalls auch gleich eine ansprechend gestaltete Mappe unter dem Arm. Je hochwertiger das „Lookbook“ befüllt ist, desto einfacher wird die Modelakquise sein. Nur Mut! Mehr als ein freundliches „Nein Danke!“ habe ich noch nicht als negative Reaktion bekommen.
Auch Aushänge an „schwarzen Brettern“ in Universitäten und Hochschulen bringen Erfolge. Bei beiden Varianten sollte eine aussagekräftige Webseite als Eigenwerbung vorhanden sein, sonst biete ich dem potentiellen Model keinen Anreiz. Anfängern sei dagegen die Suche im privaten Umfeld ans Herz gelegt.
Wenn man sich bereits kennt, ist das Miteinander bei einem Aktshooting wesentlich leichter als zwischen völlig Unbekannten. Aber dazu auch gleich die Warnung, dass nicht jeder sich selbst nach dem Shooting im Internet sehen will oder sehen darf. Was einmal online ist kann entsprechend auch von praktisch jedem gefunden werden. Bestenfalls sucht man sich als Beginner sein Model mit der Vereinbarung, entstehende Bilder nicht oder nur auf Rücksprache zu veröffentlichen.
Communities
Die leichteste Möglichkeit, (Akt-)models zu suchen sind Foto-/Model-Portale im Internet. Hier findet sich ein ganzes Sammelsorium an Fotografen und Models aller Leistungsstufen und Genres. Mitunter ist dort vom blutigen Anfänger bis zum gefeierten Star die gesamte Bandbreite beidseits der Kamera vertreten. Das größte und meistfrequentierte Portal im deutschsprachigen Raum ist die Model-Kartei (www.model-kartei.de) mit über 100.000 aktiven Mitgliedern, davon ca. 50.000 weibliche und 9.000 männliche Models.
Rund 9.000 Models haben zumindest Teilakt im Repertoire. Zudem gibt es Stylished (www.stylished.de), One4model (www.14model.de), Modelchance (www.modelchance.de), ... um nur die größten und bekanntesten Portale zu nennen. Auch die Fotocommunity hat eine Modelsuchfunktion.
Für den Blick über den Tellerrand eignet sich Model Mayhem (www.modelmayhem.com), die aktuell wohl größte Modelcommunity weltweit (ca. 45.000 Aktmodels). Hier tummeln sich vornehmlich Models und Fotografen aus den USA und Großbritannien, teils auch auf sehr hohem Niveau. Auf Model Mayhem finden sich aber auch zunehmend Models aus Deutschland, Österreich, der Schweiz und den angrenzenden Nachbarländern. Meist sind dies aber die gleichen Models, wie auf den deutschsprachigen Seiten. Purestorm und Purpleport sind zwei weitere englischsprachige Seiten mit Sitz in Großbritannien.
Allen gemein ist eine meist leicht zu bedienende, gut funktionierende Suchfunktion. Mit zahlreichen Parametern lassen sich mal mehr, mal weniger detailliert das Geschlecht, die gewünschten Aufnahmebereiche, Alter, Figur, Größe, Aussehen (Haar-, Haut und Augenfarbe, Maße, etc.), Erfahrungsstand und Wohnort abfragen. So lässt sich die Vielzahl der Models gut auf eine Region einschränken. Das macht es auch einfach, ein Model für eine „Urlaubslocation“ vor Ort zu suchen. Messenger lassen kurze Kommunikationswege zu. Zudem lassen sich in Communities auch gut Kontakte zu Fotografen (und regionalen Stammtischen) knüpfen und natürlich die eigenen Bilder als Visitenkarten ausstellen. Foren zu vielerlei Thematiken beantworten so manche Frage und die immense Zahl von ausgestellten Bildern ist ein Inspirationsquell ohne gleichen. Alleine in der Model-Kartei stehen 4,5 Millionen Bilder online.
Facebook: Auch Facebook eignet sich für die Modelsuche. Am besten tritt man dort den diversen Gruppen für Modelfotografie bei. Aktmodels zu finden wird auf Facebook aber zum Geduldsspiel, denn Nacktheit ist dort nicht gestattet und wird nur in „Underground“-Grüppchen ausgestellt. Als Anfänger wird man solche Gruppen kaum zu Gesicht bekommen, geschweige denn, dass man Einladungen dazu erhält. Für die Modelsuche hilft hier nur ausgiebiges Surfen und gegebenenfalls im Nebel stochern.
Auf den Weg, über Agenturen zu suchen (oder suchen zu lassen) verzichte ich weitgehend. Die Auswahl an tollen Aktmodels in den öffentlichen Communities ist so groß, dass ich mir diesen teuren Weg sparen kann.
Worauf muss ich bei der Suche achten?
Aussehen ist Geschmacksache. Ein Fotograf bevorzugt blonde Models, ein nächster legt Wert auf weibliche Rundungen, der nächste auf tänzerisches Können. Ähnlich wie schon bei der Locationsuche, muss ich mir vor der Suche klar sein, was ich umsetzen möchte. Sollen es klassische Outdoorakte sein, brauche ich ein Model, dass optisch zur Umgebung passt (z.B. muss ich darauf achten, dass die Farbe der Felsen nicht zu ähnlich der Hautfarbe ist).
Festgeschriebene Regeln gibt es keine und jeder Versuch, welche festzurren zu wollen, würde wohl einen Shitstorm auslösen. Ein paar Dinge habe ich jedoch im Umgang mit Galeristen, Verlegern und auch Bildkäufern gelernt, wenn es um klassische Outdoorakte geht: Tattoos sind tabu (es sei denn, sie lassen sich fotografisch vermeiden oder leicht retuschieren oder mit Camouflage abdecken oder (thematisch) ins Bild einbauen). Gleiches gilt für Komplettrasuren. Eine sichtbare, gepflegte Schambehaarung ist für viele Kunstschaffende ein Muss und bei den meisten klassisch-künstlerisch arbeitenden Models aus den z.B. USA, Großbritannien, Frankreich und Italien selbstverständlich. Anders sieht es aus, wenn ich rotzig-freche, erotische Fotos machen möchte. Hier machen Tattoos, Piercings, usw. thematisch absolut Sinn. Wichtig ist jedoch immer, dass Aktmodels ein gepflegtes Auftreten haben, über eine gute Körperspannung verfügen und durch Ausdrucksstärke (Mimik und Gestik) und bestenfalls schauspielerisches Talent, die Nacktheit als solches in den Hintergrund treten zu lassen.
Hier passt das Tattoo thematisch zum Bild
Weniger wichtig sind die Arbeitsgebiete. Es lassen sich auch herrliche Aktbilder mit Models umsetzen, die (wenn überhaupt) nur Teilakt im Repertoire haben. Oft entstehen bei verdeckten Akten ohne sichtbare Geschlechtsmerkmale (Schambereich, Brust) wunderbar intime und stille Bilder. Als Fotograf muss ich das Bild noch besser komponieren, um das Model nicht in Schwierigkeiten zu bringen. Wer jetzt jedoch meint, er können nun Sedcardangaben ignorieren, der wird schnell im Fettnäpfchen stehen. Meist entstehen solche Zusammenarbeiten aus der Zeit heraus.
Netiquette
Worauf Fotografen auch achten sollten: die Netiquette ist vielen Models wichtig. Eine gute und flüssige Korrespondenz (also schnelle Reaktion auf Mails/Shortmessages, gutes Deutsch, korrekte Rechtschreibung und Grammatik) und vor allem detaillierte Angaben zum Shooting erleichtern die Kommunikation und letztlich die Anbahnung des Shootings enorm.
TFP oder Pay
Als Hobbyfotograf sind Shootings auf TFP-Basis sicher erstrebenswert. Jedoch muss ich dem Model eine gewisse Qualität (und mitunter auch Quantität) der Bilder zeitnah nach dem Shooting überlassen. Wer das nicht gewährleisten kann, wird über kurz oder lang in Verruf geraten. Models tauschen sich noch mehr untereinander aus als Fotografen. Wer Aktmodels auf Pay-Basis sucht, muss im Amateurbereich mit einer Gage von ca. 30-40 Euro pro Stunde rechnen. Semiprofessionelle Models liegen im Schnitt bei 50 Euro/Stunde, Vollprofis zwischen 50 und 75 Euro (Bruttopreise). Meist werden auch vorteilhafte Halb- oder Tagespauschalen angeboten. Hinzu kommen in der Regel die Kosten für Reise und gegebenenfalls Übernachtung. Das summiert sich schnell auf einige Hundert Euro pro Tag, rechnet sich aber. Durch die hohe Qualität der Models ist die Bildqualität höher, das Arbeiten effektiver und man muss keine Bilder abliefern (trotzdem freuen sich auch Profimodels über Referenzbilder!). Zudem geht man als Fotograf kaum vertragliche Risiken ein.
Fazit:
Wer sich nicht zutraut, auf der Straße nach Models zu suchen, der meldet sich in einer der zahlreichen Communities an. Die Anbahnung von Fotoshootings – besonders im Aktbereich – fällt dort am einfachsten, wenn man sich an einige einfache Regeln hält: Gegenseitiger Respekt, flüssige Kommunikation und eine gute Shootingplanung. Je routinierter man als Fotograf auftritt, desto leichter gestaltet sich die Suche.
Model-Portale
- Model-Kartei (www.model-kartei.de)
- Stylished (www.stylished.de)
- One4model (www.14model.de)
- Modelchance (www.modelchance.de)
- Model Mayhem (www.modelmayhem.com) (hauptsächlich USA und GB)
Was fürs Wohlbefinden von Model und Fotograf ins Gepäck gehört und welche Gefahren „da draußen“ lauern erzähle ich in Part 3 dieser kleinen Serie.
Part 4 beschäftigt sich dann mit der Aufnahmetechnik, erläutert das Nutzen verschiedener Bildebenen und versucht das Licht zu bändigen.
Bis dahin,
Euer Thomas.
Alle hier gezeigten Fotos und Texte unterliegen dem Urheberrecht des Autors und dürfen nicht ohne Genehmigung weiter verwendet werden.
Wenn Ihr Euch für Aktfotografie interessiert, schaut Euch doch auch mal diesen Film an, in dem wir dem kürzlich verstorbenen Lucien Clerque bei einem Aktshooting am Strand über die Schulter schauen: